Strengere Gesetzesnormen für Betreiber von Internet-Plattformen, die Straftaten ermöglichen und zugangsbeschränkt sind – das forderte das BMI in einem in Q1 2019 eingebrachten Gesetzesantrag. Was zunächst durchweg positiv klingt, wird vor allem von Seiten der Bundesdatenschützer scharf kritisiert.
Denn hinter dieser Forderung verbirgt sich mehr als nur das Verbot von Webseiten, die ein Tummelplatz für illegale Aktivitäten sind. Auch Darkweb-Plattformen, die lediglich unzugänglichen und anonymen Speicherplatz zur Verfügung stellen, unterlägen der Verordnung. Da diese nicht nur von kriminellen Akteuren genutzt werden, sehen Kritiker in dem Gesetzesentwurf einen starken Eingriff in die bürgerlichen Rechte. Aber welche Rolle spielt das Darkweb grundsätzlich? Und wie wird sich das „verborgene Netz“ in Zukunft weiterentwickeln?
Das Darkweb leidet unter einem Image-Problem und wird oft nur mit seinen in der Tat existierenden, sehr negativen Ausprägungen assoziiert. Dabei beschreibt der Begriff lediglich ein mehrschichtiges Peer-to-Peer-Netzwerk, in dem Daten verschlüsselt übertragen werden. Das macht den Mitschnitt vertraulicher Informationen für Dritte fast unmöglich. Daher finden auch Suchmaschinen wie Google oder Bing keine Websites des Darknets. Nutzer, die abseits des Clearnets surfen möchten, benötigen entsprechende Software und Knowhow – eine Zugangshürde, die es nur Eingeweihten ermöglicht, den Weg ins Darkweb zu nehmen.
Das Darknet bietet die gesamte Bandbreite an Vor- und Nachteilen eines Netzes ohne Überwachung. In der öffentlichen Wahrnehmung wird es jedoch fast ausschließlich mit illegalem Drogen- und Waffenhandel oder der Verbreitung pornografischer sowie gewaltverherrlichender Inhalte in Verbindung gebracht. Der gesetzlose Raum dient aber auch als Plattform zur freien Meinungsäußerung für Organisationen und Privatpersonen. Systemkritiker autokratischer Staaten, Whistleblower oder auch Menschenrechtsorganisationen können so im Verborgenen Informationen austauschen, ohne politische Verfolgung fürchten zu müssen. Auf dieser Grundlage wird der Gesetzesentwurf des BMI als zu weit gefasst kritisiert, da unter Umständen bürgerliche Rechte beschnitten werden könnten.

Brutstätte von Cyberattacken

Inwiefern begünstigt das Darkweb Cyberangriffe? Cyberkriminelle handeln längst nicht mehr impulsiv im Alleingang – sie sind intelligent vernetzt und nutzen so ihre kollektive Expertise für ebenso lukrative wie zerstörerische Zwecke. Das Darkweb bietet ihnen durch die fast vollständige Anonymität und die relativ hohe Informationssicherheit eine Plattform, um sich zu organisieren. Zudem werden illegale Marktplätze genutzt, um mit personenbezogenen Daten aus Cyberattacken und mit Tools sowie Services für geplante Angriffe und Straftaten zu handeln.
Zwar können diese virtuellen Waffen auch gegen Privatpersonen eingesetzt werden – der Trend geht aber ganz klar zu Angriffen auf Organisationen, wie die wiederkehrenden Schlagzeilen über Datenschutzverletzungen massiven Ausmaßes und globale Ransomware-Fälle der letzten Jahre beweisen.
Der erbitterte Kampf zwischen Cyberkriminellen und der Justiz ist längst entbrannt. Für Hacker wird der Zugang zu den benötigten Ressourcen im Darkweb immer schwerer. Denn Strafverfolgungsbehörden sind mittlerweile in fast die Hälfte aller Aktivitäten, die in den Tiefen des verborgenen Netzes stattfinden, involviert. Sie betreiben Undercover-Aktionen, infiltrieren Foren, die nur mit persönlicher Einladung zugänglich sind, legen kritische Seiten lahm und unterbinden kriminelle Aktivitäten.
In der Konsequenz wird das Darknet immer komplexer – Seitenbetreiber erschweren den Zugang, um unerwünschte Besucher fernzuhalten. Damit wird es zwar auch für Cyberkriminelle herausfordernder, an Ressourcen für geplante Angriffe zu kommen. Andererseits wird es auch für Strafverfolgungsbehörden schwieriger, Einblicke in die Planung drohender Cyberattacken zu erhalten. Es bleibt letztendlich abzuwarten, wer diesen Kampf am Ende zu seinen Gunsten entscheiden wird.
Sivan Nir ist Threat Analysis Team Leader bei Skybox Security.
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