Gut ein Jahr nach Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gibt es eine wesentliche Neuerung: Der Bundestag verdoppelte vor wenigen Wochen den Schwellenwert für die Ernennung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten. Die Pflicht zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten (DSB) hängt nach wie vor von der Anzahl der Mitarbeiter ab, die sich ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigen. Ursprünglich hieß es, wenn sich 10 Mitarbeiter ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigen, ist ein DSB notwendig. Mit dem neuen Gesetzentwurf wurde dieser Schwellenwert auf 20 Mitarbeiter heraufgesetzt.
Was als Entlastung für kleine Betriebe und Vereine gedacht ist – die Befürworter des neuen Schwellenwerts argumentieren, dass 90 Prozent der Handwerksbetriebe davon profitieren würden und ein massiver Bürokratieabbau möglich sei – sehen Kritiker wie der Bundesdatenschutzbeauftragter Ulrich Kelber darin eine “falsche Maßnahme, die die Wahrung des hohen Datenschutzniveaus in Deutschland ernsthaft gefährden könnte”. „Wünschenswert wäre es, wenn die Regierung die aktuelle Evaluierung der Datenschutz-Grundverordnung dafür nutzt, den Datenschutz möglichst praxisnah und risikogerecht zu gestalten“, meint Patrycja Tulinska, IT-Sicherheitsexpertin und Geschäftsführerin der PSW GROUP Consulting.
Welche Auswirkungen die Gesetzesänderung auf Betriebe in der Praxis hätten, erklärt Tulinska: „Als ständig beschäftigt gilt für den Gesetzgeber derjenige, der permanent für die Kunden- oder Personalverwaltung zuständig ist. Personen, die beispielsweise als Handwerker oder Mitarbeiter in der Produktion lediglich mit Namen und Adressen von Kunden umgehen, beschäftigen sich nicht ständig damit. Die automatisierte Verarbeitung von Daten meint das Erheben, Verarbeiten sowie Nutzen personenbezogener Daten mithilfe von Datenverarbeitungsanlagen. Das können also Computer, Smartphones oder Server, aber auch ein Kopierer sein, wenn er mit einem Speichermedium arbeitet.“
Allerdings: Der neue Schwellenwert gilt nicht für Unternehmen, die personenbezogene Daten verarbeiten, die zur Bewertung der Persönlichkeit des Betroffenen, seiner Leistungen oder seines Verhaltens beitragen. „Das beträfe beispielsweise einen Hörgeräteakustiker oder auch einen Orthopädiemechaniker. Personenbezogene Daten werden von ihnen verarbeitet und zur Bewertung des Betroffenen genutzt. Dementsprechend müssen sie auch dann einen Datenschutzbeauftragten ernennen, wenn sie unter dem Schwellenwert liegen“, ergänzt Tulinska. Dasselbe gilt für Betriebe, die hoheitliche Aufgaben verfolgen, etwa dem Schornsteinfeger. (rhh)
PSW Group