Eine effiziente und transparente Supply Chain ist für viele Verantwortliche eine Herausforderung – in jeder Branche. Handelsunternehmen müssen die Versorgung ihrer Filialen und Kunden sicherstellen, Industrieunternehmen die Versorgung ihrer Werke, um eine fortlaufende Produktion zu gewährleisten. Dabei spielt der Datenfluss zwischen Unternehmen, Lieferanten, Logistikdienstleistern und Spediteuren eine elementare Rolle.

Die Kommunikation und der damit zusammenhängende Datenaustausch in der Supply Chain müssen reibungslos funktionieren, um höchstmögliche Stabilität und Effizienz in der Supply Chain zu erreichen. Offene Daten- und Kommunikationsplattformen von IT-Dienstleistern für Prozessintegration in der Logistik helfen Unternehmen diese Herausforderung zu meistern.

Doch in der Kommunikation und beim Austausch von Daten zwischen Betrieben, Lieferanten, Logistikdienstleistern und Spediteuren kommen viele unterschiedliche Datenformate und Transferverfahren zum Einsatz. So nutzen große Unternehmen beispielsweise ERP-Anwendungen und daher verschiedenste Daten- und Transferformate. Viele Lieferanten und Spediteure hingegen können die Ressourcen für moderne Technologien oftmals nicht aufbringen und arbeiten daher mit teilweise älteren Infrastrukturen.

Auch die von Branchenverbänden definierten Standards, wie sie zum Beispiel in der Automobilbranche gegeben sind, sind nicht in jedem Land gleich. Vor allem in globalen Lieferketten bedeutet dies eine hohe Komplexität, denn ein Standard, der für die deutsche Automobilindustrie gilt, wird beispielsweise in der USA oder Japan ganz anderes definiert. Eine weitere Herausforderung sind die unterschiedlichen Stammdaten, die übertragen werden. Vor allem im Handel müssen die Logistikakteure vorab vereinbaren, für wen welche Materialnummer gilt, damit es nicht zu Verwechslungen kommt.

Über eine gemeinsame Daten- und Serviceplattform sind alle Akteure des Logistikprozesses verbunden und können in Echtzeit kommunizieren. Quelle: EURO-LOG AG

Aufgrund der Komplexität der Lieferprozesse, der Vielzahl an Akteuren und deren unterschiedlicher IT-Infrastruktur, ist es unmöglich, dass alle Parteien dieselben Formate, Protokolle und Transferverfahren nutzen. Abhilfe schaffen hier IT-Dienstleister, die sich auf die Prozess- und Datenintegration in der Logistik spezialisiert haben. So verbinden offene Daten- und Serviceplattformen alle Akteure miteinander und heben den Datenaustausch zwischen ihnen auf ein gemeinsames Level.

Dadurch greifen nicht nur alle Beteiligten auf den gleichen Datenbestand zu, sondern kommunizieren in Echtzeit. So entstehen standardisierte und automatisierte Logistikprozesse. Disponenten erkennen etwaige Lieferengpässe oder Probleme frühzeitig und können entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten, um die fortlaufende Versorgung ihrer Werke, Filialen und Kunden sicherzustellen.

Automobilhersteller steuern Logistikprozesse digital und in Echtzeit

Damit alle Werke der Automobilhersteller planmäßig mit Modulen, Komponenten und weiteren Teilen für die Produktion versorgt werden, steuern die Werksdisponenten ein komplexes Netzwerk aus Lieferanten, Logistikdienstleistern und Spediteuren. Dabei vertrauen sie vor allem auf automatisierte Avisierung und Track & Trace in Echtzeit. Benötigt der Automobilhersteller entsprechende Teile oder Komponenten, löst er einen Lieferabruf aus, der über die Plattform direkt an den jeweiligen Lieferanten weitergeleitet wird.

Der Lieferant erhält nicht nur Informationen zur Art der Teile, sondern ebenso Vorschläge zur Verpackung. Die Kommunikations- und Datenplattform berechnet zudem sowohl den nötigen Versandtermin als auch den Zustellungszeitpunkt ETA (estimated time of arrival) anhand hinterlegter Stammdaten. Damit diese Angaben so konkret wie möglich sind, werden bei der Berechnung die tatsächliche Transportzeit sowie länderspezifische Feiertage und Fahrverbote berücksichtigt. Hat der Spediteur die Lieferung aufgenommen, lässt sich der Transport über Geo- und GPS-Daten verfolgen.

Die Prozessautomatisierung ist die Grundlage eines „Management by exception“-Ansatzes. Werksdisponenten müssen nur bei kritischen Abweichungen vom definierten Prozess eingreifen, beispielsweise bei geringerer Liefermenge oder voraussichtlich verspätetem Wareneingang. Dabei unterstützt die Plattform durch Echtzeitinformationen: Risiken im Prozess werden umgehend aufgedeckt und als Alert an den Disponenten übermittelt. Der in der Automobilbranche eingesetzte Echtzeitdatenfluss und die daraus resultierende Prozessstandardisierung lassen sich auch auf andere Branchen übertragen.

Jörg Fürbacher, Vorstand der EURO-LOG AG, Jörg Fürbacher ist seit über 17 Jahren Vorstand der EURO-LOG AG und berät internationale Kunden aus Handel, Logistik, Industrie und Automotive hinsichtlich Integration und Digitalisierung von Logistikprozessen. Quelle: EURO-LOG AG

Das Übermitteln von Daten und Informationen in Echtzeit schafft eine Grundlage für den technologischen Fortschritt. Logistik 4.0 bedingt eine „3.0 Vorversion“, also das Automatisieren der bisher bekannten Prozesse. Erst wenn diese Stufe erklommen wurde, kann darauf aufgebaut werden und können Technologien wie Big Data, künstliche Intelligenz oder Predictive Analytics zum Einsatz kommen.

Anwendungsbeispiele dafür sind eine intelligente Beschaffungsplanung basierend auf den Daten bisheriger Beschaffungsvorgänge oder mit Sensoren ausgestattete Behälter, die eine Nachfüllung oder einen Austausch selbstständig initiieren. Mit Letzterem beschäftigt sich das Forschungsprojekt DProdLog. Hier entwickeln sowohl Industriepartner als auch Forschungsinstitutionen eine prototypische modulare Plattform, über die mit Sensoren ausgestattete Kanban-Behälter in produzierenden Unternehmen kommunizieren und sich selbstständig verwalten.

Der Austausch von Daten und die Kommunikation in Echtzeit sind unabdingbar für das Vorantreiben der Digitalisierung in der Logistik. Offene Serviceplattformen verbinden dabei alle Prozessakteure: Unternehmen, Lieferanten, Logistikdienstleister und Spediteure. Automatisierte Avisierung und Track & Trace mit Echtzeitdatenfluss werden nicht nur im Automobilsektor eingesetzt, sondern lassen sich branchenübergreifend anwenden. Innovative Technologien in Logistik 4.0, wie künstliche Intelligenz oder Predictive Analytics, setzen eine automatisierte und unternehmensübergreifende Prozesssteuerung voraus, also möglichst reibungslosen Daten- und Informationsfluss. Nur Unternehmen, die ihre Logistikprozesse und Kommunikation mit Logistikpartnern digitalisieren, werden von diesen Technologien profitieren und dem Wettbewerb langfristig die Stirn bieten können.