MIDRANGE 03/2018

26 SONDERTEIL ERP UND INDUSTRIE 4.0 MIDRANGE MAGAZIN · 03/2018 Im Interview: Tim Langenstein, Vorstand bei e.bootis ag „ERP ist die Basis für die Digitalisierungsstrategie“ Auch für den Großhandel wirft das Thema Industrie 4.0 wichtige Fragen auf. Tim Langen­ stein, Vorstand bei der e.bootis ag, erläutert im Interview mit dem Midrange Magazin (MM), welche Aspekte für die ERP-Backbones in dieser Branche besonders wichtig sind. MM: Welche Auswirkung bringt der Schwenk zu Industrie 4.0 für den Groß- handel mit sich? Langenstein: Heutzutage klingt es bei- nahe etwas abgedroschen, wenn noch vor den Effekten der Digitalisierung ge- warnt wird. Insbesondere für den Groß- handel erscheint eine derartige Warnung aber dennoch zeitgemäß. Gehen doch vermehrt Fertigungsbetriebe dazu über, die Vermarktung ihrer Produkte selbst zu übernehmen und so den Großhandel auszuschalten. Daher sollte sich Letzte- rer dieses Thema hoch auf die Agenda setzen und neue Wertschöpfungsmodel- le erarbeiten. Nur so kann der Schwenk in Richtung Digitalisierung zu Ende ge- dacht und entsprechende Wettbewerbs- vorteile generiert werden. Für beide Sei- ten Risiko & Chance zugleich! MM: Wie können mittelständische Un- ternehmen möglichst schnell Industrie 4.0-Konzepte realisieren? Langenstein: Aus unserer Sicht sollte es bei der Umsetzung von Industrie 4.0 Konzepten niemals um „möglichst schnelle“, sondern um möglichst effek- tive und nachhaltige Lösungen gehen. Effektivität kann dabei nur entstehen, wenn die Digitalisierungsstrategie eng mit den Unternehmenszielen und der spezifischen Unternehmensumwelt er- arbeitet wird. Die Basis einer solchen Strategie ist sicherlich stets die zu Grunde liegende ERP-Software. Um die Umsetzung innerhalb des Systems mit- telstandsgerecht im zeitlichen und finan- ziellen Rahmen zu halten, sollte die ERP- Lösung vor allem eine hohe Flexibilität im Workflow- und GUI-Design mitbrin- gen, da niemand mehr einen Entwickler für Prozessdesign und -optimierung im Tagesgeschäft bezahlen möchte. Auf- grund einer Vielzahl unterschiedlicher Schnittstellenformate, muss das ERP- System zudem in der Lage sein, diese durch eine offene Architektur zu harmo- nisieren. Erforderliche Transformationen werden in modernen Lösungen unab- hängig von den Ein- und Ausgangsfor- maten im System identisch behandelt. Serviceorientierte Architekturen (SOA) haben hier definitiv die Nase weit vorn. MM: Wo können Großhändler die größ- ten Potentiale „heben“? Langenstein: Diese liegen meistens in einem oft unterschätzten aber doch zen- tralen Bereich: Die Datenqualität im Un- ternehmen. Jedes Unternehmen, dass sich den Herausforderungen der Digitali- sierung stellen möchte, sollte im Vorfeld nötige Aufgaben, wie z. B. die Überarbei- tung aller relevanten Stammdaten erle- digen. Nur so kann im Nachgang mit die- sen Daten vorausschauend, zuverlässig und automatisiert gearbeitet werden. Er- strebenswert ist dabei ein ERP-System, das alle benötigten Stammdaten, des Unternehmens vorhält. Es sollte also im ersten Schritt darum gehen sog. Insel­ lösungen abzuschaffen und alle Daten in einem System zu zentralisieren, um so den konzeptionellen oder funktiona- len Gedanken von Industrie 4.0 gerecht werden zu können. MM: Wie sieht das Zusammenspiel und die Vernetzung von Handel und Produk- tion in der Praxis aus? Langenstein: Großhandel und Produk- tion rücken näher zusammen. Dabei arbeitet der Großhandel zunehmend mit Fertigungsdaten oder übernimmt gar Fertigungsaufgaben wie Praxisbeispiele zeigen: Um Ausfallzeiten zu reduzieren und Plandaten in Echtzeit zu gewinnen, können z. B. Produktionsstraßen an das ERP-System angebunden werden. Ein anderer Fall: Durch die enge Ver- zahnung von CRM-Daten mit dem Pro- duktkonfigurator werden individuelle Kundenwünsche von Anfang an in der Produktplanung berücksichtigt. Rainer Huttenloher ó Tim Langenstein, Vorstand bei der e.bootis ag: „Großhandel und Produktion rücken näher zusammen.“ Quelle: e.bootis ag

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